Portugal
- Deutschland (1:2) 2:3
Spielort: St.-Jakob-Park, Basel
Zuschauer: 39.730 (ausverkauft)
POR: Ricardo - Bosingwa, Pepe,
Ricardo Carvalho, Paulo Ferreira - Petit (73. Postiga) - Moutinho
(31. Meireles), Deco - Simao,
Cristiano Ronaldo, Nuno Gomes (67. Nani)
GER: Lehmann - A.Friedrich,
Mertesacker,
Metzelder, Lahm - Hitzlsperger (73. Borowski), Rolfes - Schweinsteiger
(83. Fritz), Ballack, Podolski - Klose (89. Jansen)
Tore:
0:1 Schweinsteiger (22., Rechtsschuss, Vorarbeit Podolski),
0:2 Klose (26., Kopfball, Schweinsteiger),
1:2 Nuno Gomes (40., Linksschuss, Cristiano Ronaldo),
1:3 Ballack (61., Kopfball, Schweinsteiger),
2:3 Postiga (87., Kopfball, Nani)
Schiedsrichter: Peter
Fröjdfeldt
(Schweden)
Ungläubig
schaute ich am frühen Morgen dieses Tages zu Hause an meinem
Schreibtisch auf
das gerade ausgedruckte Papier,
auf dem "Voucher für ein Viertelfinalspiel mit deutscher
Beteiligung" stand. Eigentlich hatte ich es schon komplett abgehakt,
noch ein weiteres Spiel der EURO 2008 sehen zu können, weil es
unmöglich schien, bei den restlichen Spielen noch
regulär an
Tickets zu kommen und ich grundsätzlich
Schwarzmarkthändler
nicht unterstützen möchte. Im Internetforum des
"Fanclubs
Nationalmannschaft" hatte ich aber gelesen, dass ab und an noch ein paar
Restkarten online über "Eventim" zu bekommen sind. Also
versuchte
ich
ab Mittwoch Abend quasi stündlich mein Glück. Aber
zunächst ohne Erfolg. Dann klappte es aber am Donnerstagmorgen doch noch.
Ein Klick auf "Kaufen" und offenbar
hatte ich tatsächlich gerade bei
"Eventim" ein Ticket für das EM-Viertelfinale zum Normalpreis
ergattert, was
aber
eigentlich nur ein Traum sein konnte.
Bevor
ich aufwachen konnte, saß ich aber auch schon im Auto auf der Autobahn
Richtung Süden und nach fünfstündiger Fahrt
erreichte
ich
Basel, die 172.000-Einwohner-Stadt direkt an der deutschen Grenze. Das
war kein Problem, hatte ich doch in weiser Voraussicht in
dieser (EM-)Woche noch Urlaub. Wie ein potenzieller Krawallmacher sehe
ich
scheinbar nicht aus, denn mir wurde das Schicksal erspart, was viele
Autos kurz vor der Grenze ereilen sollte: Von der deutschen Polizei
angehalten und kontrolliert zu werden, die vor der Grenze an jedem
Parkplatz und jeder Raststätte präsent war und sogar
mit
Ferngläsern die Insassen der Richtung Schweiz fahrenden
Fahrzeuge
begutachtete. In Basel angekommen, tauschte ich an der Messe meinen
Voucher gegen eine "echte"
Eintrittskarte auf Papier, und war glücklich, dass es sich
wohl doch nicht um
einen Traum handelte.
So richtig konnte ich das aber
erst glauben, als ich wirklich im Stadion stand. Es
ging also in das größte Stadion des
eidgenossenschaftlichen Landes, mit dem
St.-Jakob-Park in Basel. Zusammenfassend lässt sich sagen,
dass
sich der heutige Kurzausflug über die Grenze ins Nachbarland
voll
gelohnt hat, denn es entwickelte sich eines der besten und
mitreißendsten Spiele, das ich jemals live im Stadion erleben
durfte. Matchwinner wurde dabei ausgerechnet Bastian Schweinsteiger,
der im Vorrundenspiel gegen Kroatien noch vom Platz geflogen war. Das
1:0
heute erzielte er selbst und das 2:0 und das 3:1 bereitete er herrlich
vor.
Gleich
von der ersten Minute merkte man dem deutschen Team an, dass man
es nach den bisher eher dürftigen Leistungen heute
mal allen
so
richtig zeigen wollte. Man war als krasser Außenseiter ins
Spiel
gegangen, hatte Portugal doch die beiden ersten Gruppenspiele gegen die
Türkei (2:0) und Tschechien (3:1) in überragender Art
und
Weise gewonnen. Aber heute wurden sie von einer völlig neuen
taktischen Ausrichtung des deutschen Teams total überrascht.
Deutschland überzeugte mit einem 4-2-3-1, mit nur einem
Stürmer (Miroslav Klose)
und drei
offensiven Mittelfeldspielern dahinter (Lukas Podolski, Michael Ballack
und
Bastian Schweinsteiger) total und zog deshalb absolut verdient ins
Halbfinale ein.
Ein
Doppelschlag in der 22. und 26. Minute war heute der Schlüssel
zum
Erfolg. Zuerst setzte sich Podolski auf der linken Seite schön
durch und passte in die Mitte zu Schweinsteiger, der zum 1:0 einschob.
Nach einem Freistoß von Schweinsteiger köpfte Klose
nur vier
Minuten danach den Ball zum 2:0 ins Netz. Kurz vor der Pause verlor das
deutsche Team dann aber etwas die Konzentration und kassierte das
2:1-Anschlusstor
durch Nuno Gomes. Beinahe hätte der ansonsten heute schwache
Cristiano Ronaldo bei seiner besten Aktion vor der Pause noch den
Ausgleich erzielt.
Nach
ca. einer Stunde Spielzeit sorgte Ballack per Kopf (wieder nach
Freistoß
von Schweinsteiger) mit dem 3:1 für die endgültige
Entscheidung
und
grenzenlosen Jubel auf deutscher Seite. Zwar warf Portugal
anschließend alles vorne
und stürmte mit fünf Angreifern auf das deutsche Tor
von Jens Lehmann, aber
außer dem
erneuten Anschlusstor von Helder Postiga drei Minuten vor dem Ende
sprang dabei nichts
zählbares mehr heraus.
Das
St.-Jakob-Stadion ist beim ersten Stadionbesuch wirklich sehr schwer zu
finden, denn ähnlich wie zum Beispiel das Ullevaal Stadion in
Oslo
sieht es
durch ein direkt angrenzendes Einkaufs- und Bürozentrum von
außen
überhaupt nicht wie ein Stadion aus, und erst wirklich, wenn
man in
seinem
Block ist und auf den Rasen blickt, merkt man, dass man schon im
Stadion ist. Aber von innen
kann der St.-Jakob-Park total überzeugen und gehört
für
mich definitiv ganz weit nach oben auf die Liste der schönsten
Grounds, die ich bisher besucht habe. Es ist
ein reines Fußballstadion und ohne Zäune ist man im
Unterrang dermaßen nah am Spiel dran, dass man bei
entsprechedem
Spielverlauf einfach mitgehen muss. Dazu war die Stimmung im
deutschen Fanblock natürlich durch den heutigen Spielverlauf
einfach nur klasse. Insgesamt befanden sich unter den ca. 40.000
Zuschauern allerhöchstens 3.000 portugiesische
Anhänger. Das
war ganz sicher auch der Grund, warum ich noch an eine Karte kommen
konnte, denn
dem portugiesischen Fußballverband waren regulär
8.000
Tickets zugeteilt worden, und die nicht genutzten Karten gingen also
wieder kurz vor dem Anstoß
in den freien Verkauf.
So
war ich also praktisch an diesem Tag "wie die Jungfrau zum Kind" zu
einem der geilsten Fußballspiele gekommen, das ich jemals
live
vor Ort erleben durfte, denn früh morgens hatte ich
eigentlich
noch daran gedacht, doch zum Büro zu fahren, um mich etwas von dem
Frust
abzulenken, dann doch keine Karte bekommen zu haben und um endlich
aufzuhören, ständig im Internet nach Tickets zu
suchen.
Weil ein einigermaßen zu bezahlendes Hotelzimmer so spontan
nicht
mehr zu bekommen war, fuhr ich direkt nach dem Schlusspfiff
glücklich und fast wie
im
Rausch direkt wieder die fünf Stunden zurück nach Bochum.
Gegen fünf Uhr
morgens erreichte ich die schönste Stadt der Welt wieder und
fiel
danach sofort glücklich in den Schlaf.
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