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  Finnland  
3
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3
      Deutschland      
  Finnischer Fußballverband
:
  Deutscher Fußballbund
WM-Qualifikation 2008/2009 - Mittwoch, 10. September 2008, 19:35 Uhr
Finnland - Deutschland (2:2) 3:3

Spielort: Olympiastadion, Helsinki
Zuschauer: 37.150
FIN: Jääskeläinen - Lampi, Pasanen, Hyypiä, Kallio - R.Eremenko, Heikkinen - J.Johansson, Väyrynen (75. Kuqi), Kolkka - Forssell (41. Sjölund)
GER: Enke - Fritz (82. Hinkel), Tasci, Westermann, Lahm - Rolfes (82. Helmes), Hitzlsperger (69. Gomez) - Schweinsteiger, Trochowski - Klose, Podolski
Tore:
1:0 J.Johansson (32., Rechtsschuss, Vorarbeit Eremenko),
1:1 Klose (38., Linksschuss,
Vorarbeit Trochowski),
2:1 Väyrynen (43., Rechtsschuss,
Vorarbeit Sjölund),
2:2 Klose (45., Rechtsschuss),
3:2 Sjölund (53., Kopfball,
Vorarbeit Väyrynen),
3:3 Klose (83., Linksschuss,
Vorarbeit Gomez)
Schiedsrichter: Viktor Kassai (Ungarn)


Nach Ausflügen nach Dänemark, Norwegen und Schweden sollte es in dieser Woche auch endlich zum vorletzten fehlenden Ziel in Nordeuropa, nämlich nach Finnland, gehen, um den dortigen Länderpunkt einzufahren. Nachdem ich in jenem Sommer im Juni vergeblich noch auf einen Ausflug zum EM-Halbfinale nach Basel oder zum EM-Finale nach Wien gehofft hatte, weil das preislich einfach alles viel zu teuer gewesen wäre, hatte ich mich relativ schnell entschieden, dafür dann als Ersatz in jenem September Finnland mit dem WM-Qualifikationsspiel der DFB-Auswahl anzusteuern. An diesem frühen Mittwochmorgen flog ich deshalb mit einer kleinen Lufthansa-Maschine von Düsseldorf zunächst in einer Stunde nach Kopenhagen. Nach kurzem Zwischenstopp in der dänischen Hauptstadt ging es direkt mit Scandinavian Airlines weiter in einer weiteren Stunde nach Helsinki, dem Ziel des Tages. Vom Flughafen nahm ich den Bus 615, der mich in 30 Minuten direkt ins Zentrum der finnischen Hauptstadt brachte.

 

Gegen Mittag erreicht ich also Helsinki, und vom Busbahnhof lief ich - noch ganz altmodisch mit dem Stadtplan in der Hand, wie man das damals halt so machte - einmal quer durch die Innenstadt, bis zum Hafen, wo ich ein Hotelzimmer für eine Nacht gebucht hatte. Beim Einchecken ins Hotel fiel mir gleich auf, dass der Großteil der Gäste anscheinend deutsche Fußballfans waren. Die Lobby war jedenfalls voll von Fans mit DFB-Fanutensilien, und auch auf dem Parkplatz vor dem Hotel bildeten die Autos mit deutschem Kennzeichen eine deutliche Mehrheit. Mit dem Hotel war ich jedenfalls voll zufrieden, denn von meinem Zimmer aus hatte ich einen schönen Blick über den Hafen, wo die großen Fähren, zum Beispiel Richtung Tallinn, Stockholm oder Travemünde, abfahren, sowie auf den großen Marktplatz, der genau gegenüber des Präsidentenpalastes liegt.

Natürlich war zunächst mal Sightseeing angesagt. Sehr schön ist das Wahrzeichen Helsinkis, der Dom, mit dem Senatsplatz davor und der alten Universität daneben. Sehr eindrucksvoll wirkt auch der Hauptbahnhof (auf finnisch: "Helsingin päärautatieasema") aus finnischem Granit, mit riesigen Statuen davor. Eine der Flaniermeilen heißt "Aleksanterinkatu", benannt nach dem russischen Zar Alexander I., die ebenso aus der russischen Besatzungszeit stammt, wie der fürstliche Wartesaal im Hauptbahnhof und viele weitere Gebäude, wie auch die große russisch-orthodoxe Kathedrale in Hafennähe. Vor der Eroberung durch Russland war Helsinki eine eher unbedeutende Hafenstadt und Turku die finnische Hauptstadt und das Zentrum des Landes. Weil Zar Alexander I. das im äußersten Südwesten gelegene Turku aber zu weit weg war, bestimmte er 1812 einfach Helsinki zur neuen finnischen Hauptstadt. Mit Carl Ludwig Engel war damals Anfang der 1830er Jahre ein deutscher Architekt beauftragt worden, mit Helsinki architektonisch ein zweites St. Petersburg zu erschaffen. Ganz gelungen ist das aber meiner Meinung nach nicht. Insgesamt ist die Architektur in Finnland bis auf die wenigen Überbleibsel des Klassizismus aus dieser Zeit am freundlichsten noch mit funktional beschrieben. Oftmals hatte ich das Gefühl, eher irgendwo im Ost-Berlin der 1980er Jahre zu sein. So stelle ich mir das jedenfalls vor. Auf der großen Shoppingmeile Helsinkis liegt auch das Kaufhaus "Stockmann", dass das größte Kaufhaus in den nordischen Ländern ist und von einem deutschen Auswanderer aus Lübeck gegründet wurde.

Vor der russischen Besatzungszeit hatte Finnland viele Jahrhunderte zu Schweden gehört. So ist neben Finnisch auch immer noch Schwedisch, das etwas mehr als 5 % der gesamten Bevölkerung als ihre Muttersprache ansieht, die zweite offizielle Amtssprache in dem nordeuropäischen Land. Jede finnische Gemeinde ist entweder finnischsprachig, schwedischsprachig oder zweisprachig. Helsinki gehört historisch zum Siedlungsgebiet der Finnlandschweden im Süden des Landes und deshalb ist dort alles komplett zweisprachig auf Finnisch und Schwedisch ausgeschildert, was einem die Orientierung doch sehr erleichtert, weil sich aus den meisten finnischen Wörtern auch nicht im geringsten schließen lässt, was sie denn in etwa bedeuten könnten. Der finnische Name "Helsinki" wird für die Stadt auch erst seit dem Jahr 1812 verwendet, als man erstmals Hauptstadt Finnlands, als Teil des russischen Reiches, wurde. Gegründet wurde die Gemeinde unter dem schwedischen Namen "Helsingfors", den die Nachbarstaaten Norwegen und Schweden auch heutzutage immer noch als alleinigen Namen für die finnische Hauptstadt verwenden. Mit 650.000 Einwohnern ist Helsinki aktuell die mit Abstand größte Stadt Finnlands, und die drittgrößte in Nordeuropa nach Stockholm und Oslo. Im Ballungsraum Helsinki leben mehr als 1,5 Millionen Menschen, also fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung. 

 

Vom Hotel aus ging es schließlich am Abend zu Fuß in ca. 30 Minuten zum alten Olympiastadion Helsinkis. Die schöne, alte Schüssel ist das größte Stadion Finnlands und wurde von 1934 bis 1938 erbaut, eigentlich für die Olympischen Sommerspiele 1940, die wegen des Zweiten Weltkriegs aber ausfielen. 1952 schließlich wurden die Olympischen Sommerspiele in Helsinki nachgeholt, mit dem Olympiastadion als wichtigstem Austragungsort. Während der Ground 1952 noch bis zu 70.000 Zuschauern Platz bot, war es 2008 nur noch für 40.000 Besucher zugelassen. In der Welt der modernen Arenen, die alle fast identisch aussehen, strahlt das Olympiastadion von Helsinki mit seinen harten Holzbänken einen Hauch von Nostalgie und Einzigartigkeit aus. Dieses Stadion wird allerdings in Sachen Fußball auch nur noch für Länderspiele der finnischen Nationalmannschaft genutzt. Der wichtigste Hauptstadtklub HJK Helsinki trägt seine Heimspiele direkt nebenan in einer modernen Arena aus, die aber mit einer Kapazität von 10.000 Plätzen für Länderspiele zu klein ist. Andersherum wäre das Olympiastadion für den finnischen Fußball-Rekordmeister auch viel zu groß, weil sie selbst ihre kleine Arena nur selten einmal füllen können. Weitere Höhepunkte in der Geschichte des Olympiastadions waren sicherlich die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 1983 und 2005, sowie die Fußball-Europameisterschaft der Frauen im Jahr 2009, wo die deutschen Frauen das Finale in Helsinki mit 6:2 gegen England gewinnen konnten.

Das Spiel selbst, das Duell Finnland gegen Deutschland in der WM-Qualifikation, übertraf jedenfalls alle meine Erwartungen. Das war zwar nicht sehr schwer, weil ich so gut wie keine Erwartungen an diesen Kick hatte, aber es sollte ein denkwürdiges und sehr torreiches Spiel werden, an das ich mich sehr gerne erinnere. Denn gleich dreimal war der krasse Außenseiter aus Finnland in diesem Spiel in Führung gegangen, und gleich dreimal konnte das DFB-Team ausgleichen, jeweils in Person von Miroslav Klose, der vorher noch stark in der Kritik stand, weil er seit einigen Monaten nicht mehr für Deutschland getroffen hatte. Vier Tage zuvor hatte Deutschland sein erstes Spiel in dieser Qualifikation mit 6:0 im Fürstentum Liechtenstein gewonnen. Für Finnland war es dagegen der erste Auftritt in der Qualifikation für die Fußball-WM 2010 in Südafrika.


Bei beiden Teams sah man eine starke Offensive und eine schwache Defensive; so entwickelte sich ein sehr interessantes und überraschenderweise sehr offenes Spiel. Die erste Hälfte ging ganz klar an die Finnen, die in den ersten 30 Minuten das deutsche Team mit viel Offensiv-Power überraschten. Sehr stark präsentierte sich vor allem die Offensiv-Reihe mit Johansson, Väyrynen und dem früh eingewechselten Sjölund. Jonatan Johansson von Malmö FF gelang in der 32. Minute das verdiente 1:0, nur sechs Minuten später erzielte Klose den Ausgleich. Kurz vor der Pause gingen die Gastgeber erneut verdient in Führung, durch Väyrynen, aber keine zwei Minuten später, noch vor dem Pausenpfiff, gelang Klose erneut der Ausgleich zum 2:2. In der zweiten Halbzeit gelang den Gastgebern wiederum der bessere Start. In der 53. Minute ging man durch ein Kopfball-Tor von Sjölund mit 3:2 zum dritten Mal in diesem Spiel in Führung. Aber danach spielte eigentlich nur noch die DFB-Auswahl. Allerdings erst, als das defensive Mittelfeld (Hitzlsperger und Rolfes) durch zwei neue Stürmer (Helmes, Gomez) ausgetauscht wurde, wurde es richtig gefährlich für die Finnen. Und so gelang Miro Klose sieben Minuten vor dem Abpfiff doch noch der wichtige Ausgleichstreffer.

Überraschend gut war der Support der finnischen Anhänger. Einige Hundert hatten sich vor dem Spiel am Hauptbahnhof vor einem Pub getroffen, um sich warm zu singen und gemeinsam zu Fuß zum Stadion zu gehen. Obwohl man Stadien mit Laufbahnen meist als Stimmungstöter bezeichnet, war die Stimmung wirklich hervorragend, weil neben dem Supporterblock auch die restlichen Tribünen immer wieder gut mitgingen. Immer wieder hallte es "Suomi, Suomi" von den Rängen. Die Stimmung bei den ca. 1.000 deutschen Anhängern war dagegen eher mau.

Miroslav Klose verhinderte mit seinem Ausgleichstor in der 83. Minute das Reißen gleich mehrerer Serien. Noch nie hatte Deutschland ein WM-Qualifikationsspiel auswärts verloren, und noch nie hatte das DFB-Team auf finnischem Boden verloren (Stand 2008: neun Siege und vier Unentschieden aus Sicht des DFB-Teams) und die einzige Niederlage Deutschlands gegen Finnland hatte es im Jahr 1923, also vor mittlerweile 85 Jahren, gegeben.

 

Bereits am Donnerstagmorgen ging es für mich wieder zurück, wieder mit Scandinavian Airlines und Lufthansa und einem kleinen Zwischenstopp, dieses Mal in der schwedischen Hauptstadt Stockholm, um mittags wieder Düsseldorf und am frühen Nachmittag wieder die schönste Stadt der Welt zu erreichen.